Sonntag, 29. Juli 2012

Abschlussbericht

Mit dem Ende meines FSJ kommt auch der letzte Bericht für das Förderprogramm Weltwärts vom BMZ.

Abschlussbericht (pdf, 60 KB)

Vorraussichtlich werden die weiteren Teile des Berichtes "Bergluft in der Lunge und Endorphine im Blut" erst nach der Wiederankunft in Deutschland auf meinem Blog erscheinen können. Von daher lohnt es sich auch nach meiner Rückkher diesen Blog weiterhin zu verfolgen.
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Dienstag, 24. Juli 2012

Why you should travel young...

http://convergemagazine.com/featured/travel-young/#respond
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Montag, 16. Juli 2012

Bergluft in der Lunge und Endorphine im Blut (Teil 1)

Ich erinnere mich noch an das Gefühl, als beide Hände die Lenkergriffe fest umschlossen, durch die Kälte bis ins Mark erstarrt, ich nach vorne gewichtet und die Sinne auf Hochtouren. Der kalte Wind ein neuer Feind meiner Tränendrüsen. Zur einen Seite die Gefahr der kopfgroßen Gesteinsklumpen, die einem der freundliche Felshang als Überraschung preisgibt und zur anderen Seite die gierige Tiefe des Abhangs. Der Boden zu meinen Rädern zerfurcht und von Schlaglöchern überseht, welche vom vornächtlichen Regenschauer überliefen.
Mein Gedanke nur Einer: Du bist gerade auf 5600m Höhe und düst mit 50km/h auf zwei Rädern durch den Himalaya. Jeder unvorsichtige Moment kann dein Letzter sein. Auf meinem Gesicht ein Dauergrinsen, welches meine Wangenmuskulatur schmerzen lässt.

Augenblicke wie dieser sind es, die mir hoffentlich noch Jahre lang im Gedächtnis bleiben.
Die Reise von Robin und mir ist jetzt schon wieder einen Monat her und wir befinden uns mittlerweile im Endspurt unseres Indienaufenthaltes. Der Reflektionsprozess wurde bis ins Erschöpflichste ausgefahren und natürlich will ich auch euch gerne in meinem Ozean der Erinnerungen mitschwimmen lassen.
Allerdings würde bei meiner Neigung zu ausführlichen Erzählungen die Wiederspiegelung unserer gesamten Reisezeit zu viele Seiten füllen und ich wäre eher in Deutschland, als dass ich den Bericht fertig geschrieben hätte. Eine Nacharbeitung bei einem geselligem Bierchen ist aber durchaus möglich.
Aus diesem Grund widme ich die folgenden Tastenhiebe schwerpunktmäßig dem Höhepunkt und der eigentlichen Zielsetzung unserer Reise: Dem Besuch des jahrelangen Krisengebiets namens Kaschmir und der Hochebene um das Industal, auch bekannt als Ladakh, tief im Himalaya. Der Rest der Reise wird in Form einer kurzen Bilderreihe impressionistisch dargestellt.

Ich knüpfe dort an, wo ich auf der Rückbank eines kleinen Government Busses saß, den Rucksack auf dem Schoß als improvisierten Airbag und über den hinweg ich mich mit einem Kashmiri unterhielt, der ein paar Minuten vorher mitgehört hatte, wie ich mich mit Robin unsere Pläne für Kashmir schmiedete. Wir waren auf dem Weg nach Jammu und es war kurz vor Mitternacht, als wir unsere Mitfahrer für den Jeep nach Srinagar fanden. Die sechs Kashmiris waren als Gruppe unterwegs und kamen uns gerade recht, da wir nicht davon ausgegangen waren, um die Uhrzeit so schnell Leute zu finden, die ebenfalls nach Srinagar wollten. Angekommen in Jammu warteten gleich am Busstand, oder der provisorischen Haltestelle irgendwo auf einer Schnellstraße, die ersten Jeepfahrer. Die anderen Jungs regelten für uns das Verhandeln während uns die Ödnis der nächtlichen Kleinstadt aufs Gemüt schlug, sodass mir fast die Kippe aus dem Mundwinkel fiel.
Beim Preis von 600 Rupien pro Kopf hatte man sich geeinigt. Um während der Fahrt nicht vor die Hunde zu gehen, wollte der Fahrer noch eine Kleinigkeit essen und so fuhren wir ein paar Straßen weiter, wo zu meinem Überraschen tatsächlich ein kleines Popelrestaurant offen hatte. Eigentlich kann man so etwas schon fast Straßenstand oder Fressbude nennen. Auch wenn es das noch lange nicht auf den Punkt trifft. 60 % der Deutschen hätten bei solchen Hygienezuständen übrigens schon längst das Handtuch geschmissen. Nicht so wir. Wir parkten den Wagen neben zwei hart chillenden Kamelen, die sich durch unsere Anwesenheit sichtlich gestört fühlten und ließen uns bei einer verwandten Form von Chicken Biryani wieder zu Kräften kommen.
Kurze Zeit später machten wir uns zu neunt auf den Weg durchs Kashmir Valley zur ca. neun Stunden entfernten Hauptstadt Srinagar.
Auf den ersten 500 Metern nahmen wir einpaar düstere Gestalten mit, die sich hinten an das Auto ranklempten und sich mühe gaben nicht runter zu fallen. Ob der Fahrer dieses nicht merkte oder ob es ihm egal war, kann ich nicht sagen, jedenfalls fuhr er deswegen nicht langsamer. Als nach einigen Stunden die kashmirische Morgenröte übers Land kroch und unsere müden Augenlieder die Strahlen gierig und flattrig aufnahmen, befanden wir uns auf einer kleinen Straße, die sich dicht am Berghang geschmiegt entlang eines reißenden Flusses wand. Es war der erste Eindruck, den ich von Kashmir bei Tageslicht bekam und er war wirklich überwältigend.
Auffällig waren auch wieder die große Anzahl an Hanf Pflanzen, die dichtgedrängt am Straßenrand wucherten und von denen ich auch schon so einige während den Busfahrten in Himachal Pradesh gesehen hatte. Ich muss jedoch alle Sympathisanten wieder von ihrer Wolke Sieben herunter bitten, da es sich bei diesen Pflanzen ausschließlich
um befruchtete männliche Bestände handelt. Also nicht rauchbar. Was nicht heißt, dass es die Weibchen nicht gibt.
Bei einer kurzen Rast ließ ich es mir nicht nehmen und nutze die Gelegenheit um das erste Mal in meinem Leben auf eine Hanf Pflanze zu pinkeln. Das gefiel allerdings einigen Beobachtern gar nicht gut und eh ich mich versah sprinteten drei großgewachsene Straßenköter zähnefletschend aus dem 20 Meter entfernten Gebüsch auf mich zu. Zum Glück war ich nicht weit vom Jeep entfernt und so konnte ich mich noch mit einem Hechtsprung ins sichere Gefährt retten. Triumphierend hielt ich den Angreifern (oder waren es vielleicht Verteidiger?) ein abgerissenes Hanfblatt vor die, von der Fensterscheibe von mir getrennten, Schnauzen.
Als sich die Lachtirade im Auto dann nach einigen Sekunden wieder gelegt hatte, ging unsere Fahrt weiter durch die hauptsächlich von Muslimen bevölkerten Grenzregion zwischen Pakistan und Indien.

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Ich war sehr gespannt wie sich unsere Weiterfahrt gestalten würde, da zwei Wochen vorher zwei andere Freiwillige ebenfalls versucht hatten nach Srinagar zu fahren und leider daran gescheitert waren, dass die Straße für gesperrt erklärt wurde.
Der Kaschmirkonflikt währt fort seit der Unabhängigkeit der Länder Pakistan und Indien und obwohl Jammu und Kaschmir seit 1957 ein Bundesstaat Indiens ist und Teile Kashmirs ebenfalls an Pakistan und China abgegeben wurden, beharrt besonders Pakistan auf die Gebietsansprüche und die Angliederung des muslimisch geprägten Gebiets. Seitdem kam es in der Region zu drei indisch-pakistanischen Kriegen.
Die besondere Brisanz in diesem Konflikt wird klar, wenn man sich vor Augen führt, dass beide Länder Atommächte sind und so schon seit 2002, als es nach dem Attentat auf das indische Parlament in Neu-Delhi im Dezember 2001 durch militante Islamisten zu einem enormen militärischen Aufmarsches beider Seiten an der „Line of Control“ kam, die Gefahr eines atomaren Krieges besteht.
„Nirgendwo sonst besteht so real eine Kriegsgefahr zwischen zwei Atommächten, und kaum ein anderer Konflikt hat die wirtschaftliche Entwicklung einer ganzen Weltregion über mehr als ein halbes Jahrhundert so gelähmt wie die Kaschmirkrise.“ (The European, „Wenn zwei sich streiten“,15.3.10)
Allerdings versichern beide Parteien verantwortungsvolle Nationen zu sein und so blieb es in den letzten Jahren bei kleineren Scharmützeln und Anschlägen.
Seitdem wurden langwierige Diskussionen und Verhandlungen vorangetrieben.
Dass die Terrororganisation Al- Qaida im Jahr 2007 Indien den Heiligen Krieg in Bezug auf Kaschmir erklärt hat, wirkt sich in dem Fall kontraproduktiv auf die Konfliktlösung aus.
Die Terroranschläge in Mumbai im Jahre 2008 führten anschließend zu einem abruptem Ende der Verhandlungen.
Die momentane Situation in Kashmir weist immer wieder aufkeimende Gewaltszenarien auf, die in Straßenschlachten zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften enden und mehrere dutzend Todesfälle fordern.
Nach Angaben der indischen Nichtregierungsorganisation South Asia Terrorist Portal fielen dem Kaschmirkonflikt seit 1988 fast 43.000 Menschen zum Opfer.

Obwohl also die Lage in Kashmir nach wie vor ungeklärt und brisant war und uns pausenlos Inder davor warnten, „dass es in Kasmir ja nur so von Terroristen wimmelt“, ließen wir uns davor nicht abschrecken und wollten mehr von diesem umstrittenen Gebiet im Himalaya erfahren.
Dass man sich in einer Krisenregion befand, merkte man relativ schnell an der hohen Militärpräsenz auf den Straßen. So befinden sich in dem indischen Teil Kashmirs momentan nach wie vor mit 300.000 Personen mehr indische Soldaten als Kaschmiris.

Auf der Hälfte der Strecke wurde ich von unseren Mitreisenden aus meinen Gedanken gerissen, als sie über meine Schulter hinweg auf einen kleinen Abschnitt einer Gebirgskette deuteten. „This is Pakistan.“ Der Unterton mit dem ich diese Worte zu hören bekam, machte auf mich den Anschein als hätten wir gerade die schwarzen Tore von Mordor gesichtet und festgestellt, dass es dummerweise kein Durchkommen gibt. Ein kurzes „Wow“ genügte jedoch und schon konnte ich mich wieder der wunderschönen Landschaft widmen. Ziegenherden und Soldaten streiften unseren Weg und mit jedem Kilometer besserte sich auch die Laune unseres Fahrers, bis er anfing lauthals im Auto zu singen und jeden ihm entgegen kommenden Fahrer mit wüsten Beschimpfungen zu bewerfen.
Ich habe mich die ganze Zeit gefragt wie denn die meisten Kashmiris auf die indischen Truppen in Kashmir zu sprechen seien. Doch noch ehe ich mich durchringen konnte einen von ihnen zu fragen, kamen wir an eine schrankenfreie Straßensperre an der ein Soldat mit einer AK 47 um die Schulter stand und uns heranwinkte.
Sofort fummelte der Fahrer wie wild am Amaturenbrett herum, fischte einen zusammengefalteten Zettel heraus und kurbelte das Fenster einpaar Zentimeter weit herunter.
Bei 20 km/h hielt er den Zettel aus dem Fenster, sodass der Soldat ihn sich schnappen konnte und gab Vollgas. Als er die Verwunderung in meinem Gesicht sah, gab der Fahrer ein lautes Lachen von sich und selbst unsere anderen Fahrgäste konnten sich ein Grinsen nicht verkneifen. Ich blickte aus dem Fenster zurück auf den nun schon einige hundert Meter entfernten Soldaten und sah nur noch wie irgendwas weißes zu Boden rieselte.
Meine Frage, die ich mir die letzten Minuten gestellt hatte, war somit mehr oder weniger beantwortet.

Schließlich war Srinagar in greifbarer Nähe und ich kontaktierte unseren Couchsurfer.
Für alle die mit dem Begriff „Couchsurfing“ nichts anfangen können:
Couchsurfing ist ein schon seit mehreren Jahren existierendes Internetportal in dem man sich mit anderen Reiselustigen auf dieser Welt in Kontakt begeben kann und gegenseitig die Möglichkeit zum jeweiligen Übernachten in den eigenen vier Wänden anbietet. Dabei nimmt der „Host“ oftmals die Rolle als potentieller Reiseführer an, zeigt und erzählt seinen „Surfern“ das ein oder andere über seine Heimat und freut sich wenn er/sie im Gegenzug beim gelegentlichen Besuch in der Heimat des Surfers genauso gastfreundlich aufgenommen wird. Dabei kann sich jeder bei Couchsurfing anmelden und verfügt ähnlich wie bei Facebook über eine Chronik in der er/sie die ein oder anderen für andere Couchsurfer relevanten Informationen über sich Preis gibt. Man kann sich also gegenseitig Host- bzw. Surfanfragen schicken und hoffen, dass man de Möglichkeit bekommt nette neue Leute kennen zu lernen.

Unsere beiden Couchsurfer waren die Brüder Sideeq und Bilal. Sie beschrieben uns den Weg zur Nigeen Road in dessen Nähe das Haus der Familie am Nakin Lake liegt, einem Nachbarsee vom Dal Lake.
Meine ersten Eindrücke, die ich in den ersten Minuten von Srinagar bekam, waren die nassen Straßen, die dem leichten Nieselregen ausgesetzt waren, Männer in langen dunklen Mänteln zusammengerafft an kleinen Holzbaracken mit wärmenden Kaffeebächern in den Händen und alte, mit Holzfassaden versehenen Hochlandhäuser mit Spitzdächern und backsteinigem Unterbau. Ähnlich wie die uns bekannten Fachwerkhäuser nur mit dunklerem Backstein und wesentlich heruntergekommener.
In der Ferne kratzten die tief hängenden Wolkenwände an den Bergspitzen des Himalayas. Der Schrei des Adlers ließ mein Mark erzittern.
Fortsetzung folgt...
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Freitag, 13. Juli 2012

Bilder Update

Es gibt neue Bilder zu bestaunen.
Hineinsehen lohnt sich! Viel Spaß!

http://www.flickr.com/photos/66618560@N02/sets/

(Auch erreichbar über die Seitenleiste "Meine Bilder")
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Dienstag, 3. Juli 2012

Kaliyuva Mane Kurzfilm

Da der Bericht über meine Reise nach wie vor in Arbeit ist, möchte ich an dieser Stelle einen kleinen Input von einer unserer indischen Freiwilligen geben, die einen sehr informativen Kurzfilm über unser Projekt auf die Beine gestellt hat. At this point a big thank you to Monika!

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Donnerstag, 3. Mai 2012

On the road again!

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Liebe Freunde, liebe Familie und liebe Leserschaft,
ab Samstag, dem 05. Mai, werde ich für einen Monat von der Bildschirmfläche verschwinden.
Mich und Robin zieht es weg aus unserem Projekt, hinein in die weiten Landschaften Indiens von den weißen Stränden Gokarnas, über die heißen Wüstensteppen Rajasthans bis hin in die paradiesischen Berglandschaften Kashmirs.
Dabei werden wir dutzende Stunden Zug-und Busfahrt über uns ergehen lassen (die Längste wird sein 2 Tage über den Srinagar-Leh Highway nach Ladakh), um fantastische Plätze in Indien zu entdecken, tolle Menschen kennen zu lernen und unserem Reiseadrenalin freien Lauf zu lassen.
In dem Sinne: Ab in den Norden drinne!

Cheers!
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Montag, 9. April 2012

Indien zwischen Schoko und Croissant

„Na mein Süßer, was hältst du von einer prallen Schokofüllung mit buttrig, knusprigem Blätterteig umschlossen?“ „Ach was, hör nicht auf sie, eine fruchtige Apfelfüllung würde dir doch gerade viel eher zusagen!“ „Oder ein schön knuspriges Vollkornbrot, wie du es schon seit Monaten nicht mehr bekommen hast?“
Es schallte von alle Seiten auf mich ein. Backwaren unterschiedlichster Art, die sich dichtgedrängt in ihrem Körben in dem schier unendliche langem Regal vor mir auftaten, versuchten alle lautstark um meine Gunst zu werben.
Mein Verstand arbeitete nur noch langsam und ich merkte wie die Damen das schamlos ausnutzen.
„Schaut mal bei dem stehen schon kleine Schweißperlen auf der Stirn!“ Schweißperlen?Jetzt ging es aber los! Das musste ich mir nicht gefallen lassen. Bloß schnell entscheiden.
Ich entschied mich für das Frühstücksmenü mit einem frischen Orangensaft, einem Omelett und zwei Toast mit Marmelade. Als Zulage dann noch ein Schokocroissant welches vorher warm gemacht wurde, sodass einem die Schokolade auf der Zunge zerfloss und ein Cappuccino von dem ich mir fasst sicher war, ihn in so perfekter Form nie wieder anderswo in Indien zu bekommen.

Ja ich bin noch in Indien. Auch wenn die Umschreibungen meines Umfeldes eher an ein nettes Café an der Champs Élysées erinnert. Der gute Unterschied war, dass in dem Café in dem ich saß ein Croissant 17 Rps (ca. 26 Cent) kostet und ich mich in Pondicherry (Puducherry) befand, welches sich 162 km südlich von Chennai, in dem Bundesstaat Tamil Nadu, an der Ostküste von Indien, an den Golf von Bengalen schmiegt. Die frühere französische Kolonie (1673 - 1962) war Hauptstadt Französisch Indiens und weist heute noch viele Merkmale aus seiner Vergangenheit auf. In der 240.000 Einwohner Stadt leben rund 7000 Menschen, die die französische Staatsbürgerschaft besitzen. Dies hat Frankreich bei der Kolonialübergabe möglich gemacht. Pondy (gebräuchige Abkürzung) ist die erste Stadt in Indien, wo ich bewusst eine europäische Stadtplanung wahrnehme. Viele Straßen sind gepflastert und die Gebäude-Architektur ähnelt oft der provenzalischer Dörfer. Eine Ringstraße trennt den Innenstadtbereich, auch genannt Boulevard Town, von den Außenbezirken. Innerhalb des Rings folgen die Straßen einem regelmäßigem Schachbrettmuster. Die Boulevard Town ist von einem von Norden nach Süden entlang der Gingy Salai (Canal Road) verlaufendem Kanal in zwei Teile geteilt, die in der Kolonialzeit als „weiße“ und „schwarze“ Stadt galten. Im French Quarter, dem östlichen Teil zwischen Kanal und Meer, haben sich zahlreiche öffentliche Gebäude und Privathäuser im französischen Kolonialstil erhalten.

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Zur Seeseite hin verläuft die Straße Goubert Salai mit einer knapp 12 km langen Promenade auf der es abends so von Einheimischen und Touristen wimmelt wie beim Sommerdom auf dem Heiligengeistfeld. Es war erst das zweite Mal, dass ich in Indien so etwas wie eine Promenade erblickte. Mein erstes Mal war in Mumbai. Allerdings kann man diese Promenade in Pondy nicht als Strand-Promenade bezeichnen, da es schlichtweg keinen Strand gibt, sondern nur einen mit Granitblöcken angelegten Uferdamm. Um einen Strand zu finden, muss man ein Stückchen weiter in den Norden nach Kuilapalayam fahren.
Westlich der Canal Road befinden sich die Hauptgeschäftsstraßen Mission Street, Mahatma Gandhi Road (meines Wissens soll es in jeder indischen Stadt eine MG Road geben) und Nehru Street. Dieser Stadtteil lässt sich kaum von anderen indischen Städten unterscheiden.

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Die Entscheidung nach Pondicherry zu fahren, kam eine Wochen früher, als wir (Robin und ich) erfuhren, dass am Freitag vor dem Wochenende das hinduistische Neujahrsfest Ugadi gefeiert wird. Yuga + aadi bedeutet: Start eines neuen Jahres. Wir wollten die Gelegenheit des verlängerten Wochenendes nutzen, um mal wieder aus dem Projekt rauszukommen.
Dafür machten wir uns am Donnerstagabend mit dem Zug Richtung Bangalore auf den Weg um dort Till (einen Freiwilligen mit Projektsitz in Bangalore) einzusacken und uns anschließend auf die 9-stündige Bustour nach Pondicherry zu begeben. Da wir die Tickets erst zwei Tage früher kaufen konnten, blieb uns nichts anderes übrig, als mit drei Plätzen in der letzten Reihe vorlieb zu nehmen. Es war ein uns so bekannter Karnataka RTC Bus und als wir merkten, dass wir die Sitze mit Beinfreiheit hatten, sprach jeder ein kleines Dankesgebet gen Himmel. Dennoch war die Busfahrt nicht gerade das, was man eine genüssliche Reise nennen kann. Man sollte in Indien niemals Tickets in der letzten Reihe kaufen. Nun gut, wir hatten keine andere Wahl. Es waren die Letzten. Die fahrt nach Pondy führte des öfteren durch kleine Ortschaften mit makaberen Straßenverhältnissen. Natürlich gibt es auch noch die Geschwindigkeitshügel, die es in ganz Indien gibt und die geschwindigkeitshemmend auf den Verkehr wirken sollen. Meiner Meinung nach einer der besten Methoden die Raser zu stoppen, denn entweder sie werden langsamer oder sie landen im Krankenhaus und ihr Fahrzeug aufm Schrottplatz. Da ist es erdenklich was vorzuziehen ist. Das sollte man mal in Deutschland testen.

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Als wir gegen 06.30 ankamen, kämpften wir uns erst einmal Richtung Promenade durch, die etwa 15 Minuten Fußmarsch entfernt lag und suchten nach einem guten Guesthouse oder Homestay. Wir hatten uns dagegen entschieden in einem Pondicherry Ashram unterzukommen, da deren strenge Vorschriften sich mit denen von Jugendherbergen vergleichen lassen. Sprich frühe Torschließzeiten, Alkoholverbot etc.
Außerdem waren die Zimmer preismäßig nicht viel billiger als in einem Hotel.
Schließlich fanden wir das Homestay Créole in der Labourdonnais Street, wo uns eine nette Dame im fließenden Französisch ein großes Zimmer mit zwei aneinander geschobenen Ehebetten im antiken Kolonialstil für 300 Rps pro Kopf anbot.
Da war der Sparmodus ganz schnell ausgeschaltet, auch wenn wir später erfuhren, dass es anderswo noch wesentlich billiger ging.
Wir verbrachten den Rest des Tages damit den French Quarter zu erkunden, eine Siesta zu halten und und in einem scheinbar schönen Restaurant Nudeln und Pizza zu essen.Wir hatten gehofft endlich mal eine gute Pizza in Indien verdrücken zu können. Leider Fehlanzeige.
Wir hatten geplant am nächsten Tag die 10 km nördlich von Pondy gelegene internationale Stadt Auroville zu besichtigen. Diesbezüglich besuchten wir noch am selben Tag La Boutique d'Auroville, um herauszufinden, wie man den Besuch von AV (noch so ne coole Abkürzung!) am besten angeht. Einen Bus sollte es geben. Leider haben wir diesen am nächsten Morgen verpasst und so gönnten wir uns ne Rikshaw. Zum großen ärger aller, als wir erfuhren, dass der Bus regelmäßig fuhr.
Ins Leben gerufen wurde die Idee von AV durch den bengalischen Yogi und Philosophen Aurobindo Ghose, der sich selber Sri Aurobindo nennt, und der Französin Mira Alfassa, bekannt als ‘die Mutter‘.
Das Selbstverständnis von AV lautet ungefähr so:
Auroville möchte eine universelle Stadt sein, in der Frauen und Männer aus allen Ländern in Frieden und wachsender Harmonie miteinander leben können - jenseits von religiösen Überzeugungen, politischen Einstellungen und nationaler Herkunft. Sinn und Zweck Aurovilles ist die Verwirklichung der menschlichen Einheit.
Am 28. Februar 1968 wurde in einer feierliche Zeremonie, bei der jugendliche Vertreter aus 124 Ländern und 23 indischen Bundesstaaten eine Handvoll mitgebrachter Heimaterde in ein Urne aus Marmor legten, die Stadt gegründet.
Heute ist die Stadt nach wie vor (wahrscheinlich noch die nächsten Jahrzehnte) am wachsen, was man daran sieht, dass es überall auf dem Gelände an Baustellen und unfertigen Straßen wimmelt. Bei ihrer Fertigstellung soll die Stadt einmal Platz für 50.000 Menschen aufbringen können. Momentan leben dort etwa 2200 Menschen aus 45 Nationen. Die Verwirklichung von AV basiert auf einem ständigen Wandel und dauerhaftem Experimentieren zur Realisation eines perfektem Zusammenlebens der Gemeinschaft.
„Neue Worte sind erforderlich, um neue Ideen auszudrücken, neue Formen sind nötig, um neue Kräfte zu manifestieren.“ (Mira Alfassa)
Sehr interessant ist das Konzept der Stadtplanung. Den Mittelpunkt der Stadt bildet das Matrimandir, die Seele Aurovilles und zentraler Meditationstempel, ein uralter Banyanbaum und das Amphitheater mit der Marmor Urne. Von hier aus gehen spiralförmig, weshalb man dieses Städtemodel auch die Galaxie nennt, die verschiedenen Zonen aus: Die Wohnzone, die kulturelle und die Gewerbezone und die internationale Zone.

Bei unserer Ankunft befanden wir uns in der internationalen Zone und haben uns zu Anfang das Visitor Center mit einem interessanten Infostand, Fotogallerien und einem Einführungsfilm angesehen. Daraufhin gab es die Möglichkeit sich das Matrimandir von einer Touristenplattform aus zu begutachten. Da man sich zwei Tage vorher hätte anmelden müssen, um in die heilige Meditationsstätte reinzukönnen, mussten wir leider draußen bleiben. Allerdings wollten wir uns damit noch nicht zufrieden geben und machten uns zu Fuß auf den Weg um auf eigene Faust Auroville zu erkunden.
Wir besuchten den tibetischen Pavillon, das Stadtzentrum und tranken in einem kleinen Café einen leckeren Wassermelonensaft. Zu erwähnen ist, dass der Verkäufer erst einmal nach einer Getränkekarte fragte, die ich natürlich nicht hatte, weil ich kein Aurovillianer bin. Barzahlung war dann zum Glück aber auch kein Problem. Man sieht allerdings, dass die Abschaffung des unmittelbaren Geldaustausches auch ein Ziel des Auroville Projektes ist und diesbezüglich in der Vergangenheit schon einige Tests durchgeführt wurden.
Auf Empfehlung einer netten Dame am Infostand sahen wir uns noch eine kleine Art Gallery in der nähe des Auroville Gasthauses an. Ziemlich geschmacklose Kunst wie ich fand. Interessanter dagegen waren die verschiedenen Modelle und Entwürfe Aurovilles die ebenfalls aufgeführt wurden und nach denen die Stadt gebaut werden sollte. Manche Ideen sahen aus als hätten sich an ihnen ein paar Jungarchitekten mal so richtig ausgetobt. Wie schon erwähnt hat sich die Idee der Galaxie im Endeffekt gegen seine Mitstreiter durchgesetzt.
Als die Sonne schließlich hoch stand und wir vom rumlaufen schon ziemlich ausgelaugt waren, entschieden wir uns zum Aurobeach zu fahren, um wenigstens einmal an diesem Wochenende im Meer gewesen zu sein.
Dort trafen wir auf Emilie aus Nize, Frankreich, die nach ihrer Tourismusschule ein paar Monate durch Indien und Indonesien reisen wollte. Nettes Mädchen. Französin halt.

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Wie bei vielem auf der Welt was zu schön klingt um wahr zu sein, bin auch ich erst einmal sehr kritisch in die Geschichte von AV eingetaucht und habe versucht das Prinzip dieser Lebensgemeinschaft zu verstehen. Im Endeffekt muss ich gestehen, war mein Aufenthalt zu kurz um große Schlussfolgerungen zu ziehen. Es handelt sich bei Auroville um ein einzigartiges, zukunftsfähiges Projekt, welches hoffentlich vielen Menschen auf der Welt die Anregung geben wird, etwas ähnliches auf die Beine zu stellen. Was mir weniger gut gefallen hat, war der sich stark entwickelnde Mother-Kult, dem viele Aurovillianer nachzueifern scheinen und der die verstorbene Mira Alfassa als Inkarnation der göttlichen Mutter sieht. Der Grad der Verehrung mit dem eine solche Frau vergöttlicht wird, scheint für mich nicht angemessen zu sein und viel zu überzogen, auch wenn sich durch sie für viele Menschen eine neue Lebensphilosophie eröffnet hat.

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An unserem letzten Tag in Pondicherry checkten wir schon gegen Mittag im Homestay aus, ließen unser Gepäck jedoch erstmal noch dort, da unser Bus erst abends fuhr und verbrachten die darauf folgenden Stunden damit, den indischen Teil von Pondy auf der Westseite der Canal Road näher unter die Lupe zu nehmen.
Es gibt einen schönen botanischen Garten, der allerdings durch den letzten Zyklon am Neujahrsbeginn des europäischen Kalenders noch so verwüstet war, dass uns der Zugang nicht gestattet wurde.
Es stellte sich auch heraus, dass es keine brilliante Idee war zu dieser Zeit durch die großen Einkaufsstraßen zu schlendern. Spätestens dann machte es sich nämlich bemerkbar, dass wir uns in einem der heißesten Bundesstaaten Indiens befanden. Es war teilweise so unerträglich, dass wir uns von einem klimatisierten Shop zum nächsten kämpften, immer darauf bedacht wie potenzielle Kunden auszusehen. Danach war unser Kreislauf natürlich so im Eimer, dass wir uns nur noch in das nächstbeste Café an der Promenade setzten und den Rest der Zeit Bücher lasen und Kaffe tranken.

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Jemand der schon einmal in Pondicherry war, würde jetzt fragen: „Aber habt ihr nicht noch etwas vergessen?“ Allerdings. Ob wir vergessen haben den Sri Aurobindo Ashram zu besichtigen oder ob wir ihn absichtlich verdrängt haben, kann ich im Nachhinein auch nicht genau sagen. jedenfalls haben wir ihn nicht besucht. Was nicht weiter schlimm war, da Emilie meinte, es würde in dem Ashram nur so von Mother Abbildungen wimmelt.
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Sonntag, 5. Februar 2012

Bitte den Türbereich freihalten.

Die Landschaft Karnatakas fliegt am vergitterten Zugfenster vorbei und die warme Mittagsluft schlägt mir ins Gesicht. Ich sitze im Express Zug nach Bangalore. Es ist der 19. November 2011 und ca. 13:20 Uhr nach indischer Zeitrechnung. Dementsprechend müsste es in Deutschland ungefähr 8:50 Uhr sein. Obwohl die morgendliche Rushhour schon längst vorbei ist, lassen sich die freien Plätze im Zug an einer Hand abzählen.
Die Leute sitzen in die harten Ledersitze gepresst und an ihren Gesichtsausdrücken lässt sich erschließen, was vielen von ihnen durch den Kopf geht.
Ein kurzer Blick auf die Uhr. In 20 Minuten sollte der Zug nach dreistündiger Fahrt am Bahnhof in Bangalore einfahren.
Für eine Zugfahrt findet man ein für Indien recht angenehmes Klima vor.
Wir müssten ca. 26°C Außentemperatur haben, was für einen Winteranfang nicht hätte paradoxer sein können. Doch wenn man seit drei Monaten in Indien lebt, wundert einen das schon lange nicht mehr. Ich zähle 29 Ventilatoren an der Decke meines Abteils.
Ob diese im Hochsommer für genügend Erfrischung sorgen, bezweifle ich trotzdem.
Mittlerweile ziehen die kleinen, dicht gedrängten Vorstadthäuser von Bangalore an meinem Fenster vorbei. Es ist ein Gewirr aus Farben, nicht zu identifizierenden Gerüchen und tausenden Details, die auf meine Sinne eindreschen und mich kurz gefangen halten.
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Ab und zu fahren wir über einen Flusslauf hinweg und schlagartig steigt mir ein übler Gestank in die Nase. Das Wasser ist tiefgrau und der Müll häuft sich zu kleinen Inseln in der Strömung und am Uferrand.
Seitdem wir in die dicht bewohnten Gebiete eingefahren sind, hat man das Gefühl der Zug würde sich auf einem einzigen Müllhügel vorwärts bewegen. Zu beiden Seiten der Schienen findet sich alles wofür sich Mensch zu bequem war, um es bis zum nächsten Mülleimer aufzubewahren. Allerdings muss man auch sagen, dass man durch die simple Installation von kleinen Mülleimer im Zug die starke Belastung der Umwelt zumindest etwas mildern würde.
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Klamotten, Decken und Bettlaken in verschiedenen Farben hängen zum Trocknen zwischen den Häuserschluchten. Viele sehen nicht so aus, als würden sie gerade gewaschen worden sein. In kleinen Hinterhöfen, die gerade mal so groß sind, dass sie eine Parkfläche für vier VW Audi A2 bieten, spielen Kinder Kricket.
Ein großer, weißer Gebäudekomplex ragt wie eine Haifischflosse aus dem Häusermeer heraus. Modernes Wohnen, würde man das hier in Indien bezeichnen. In Deutschland heißen sie Plattenbauten. Das, was von außen wie schäbige und einfache Appartementwohnungen aussieht, verzeichnet eine überwiegend saubere und komfortable Innenausstattung. Eine Sache die man über Inder wissen muss: Ich habe in meiner Zeit in Indien die Erfahrung gemacht, dass die Inder sehr viel wert auf Privatbesitz geben. Kommt man in das Haus einer indischen Familie, egal ob dreistöckiges Einfamilienhaus oder 2- Zimmer Hütte, findet man das Innere meistens (wie überall gibt es Ausnahmen) aufgeräumt und geputzt vor. Was der Familie gehört wird mit Vorsicht und Obhut behandelt. Es kommt nicht selten vor, dass eine neue Anschaffung wie zum Beispiel ein neuer Scooter zu seiner Einweihung bepujaht wird. Das kann man einer Art Segnung gleichstellen. Die meisten Grundstücke mit Einfamilienhäusern in Mysore sind nach außen hin durch dicke Steinmauern eingegrenzt. Man macht von vornherein klar, was einem gehört. Und das hält man sauber. Einen Schritt vom Grundstück runter und der Müll landet im nächsten Straßengraben, der einem ja eh nicht gehört und deshalb muss man sich auch nicht darum scheren. Zwar gibt es in den großen Städten eine Art Müllabfuhr, allerdings kann die mit den Müllabfuhren die wir von Zuhause kennen noch lange nicht mithalten und meistens wird der Müll nur zu kleinen Häufchen zusammengefurcht und anschließend auf offener Straße verbrannt, ganz egal ob es sich um Plastik oder andere gesundheitsschädigende Stoffe handelt.
Ich werde durch ein leichtes Ruckeln an meinem linken Unterarm aus meinen Gedanken gerissen. Eine alte, von harter Arbeit geprägte Hand streckt sich mir bettelnd entgegen. Sie gehört zu einem Mann, den ich auf ende 60 schätze. Er bewegt sich auf dem Gesäß sitzend fort, da ihm beide Beine bis oberhalb der Kniescheiben fehlen. Er trägt eine verschmutzte, früher bestimmt mal sehr gut aussehende Anzugshose, die er so weit es geht nach oben hochgekrempelt hat und ein braunes Unterhemd, welches irgendwann mal weiß war. Seine abgemagerten Arme und Beinstummel sind durchzogen mit dicken Adersträngen, die erschließen, dass er früher mal relativ kräftig gewesen sein muss. Er hat eine für Inder sehr dunkle Haut. Vielleicht war er früher Feldarbeiter oder Bauarbeiter, welche die meiste Zeit unter freiem Himmel arbeiten.
Nun stellt sich einem wieder die Dilemma Frage, ob man einem Obdachlosen Almosen gibt oder, wie es einem von vielen Indern geraten wird, nicht tut, da viele von ihnen ihre Einnahmen der Obdachlosen Mafia übergeben müssen.
Ihm Endeffekt hat der Engel auf meiner Schulter gesiegt und ich krame ein paar Rupien aus der Tasche. Ohne ein Dankeswort zu sprechen robbt der alte Mann weiter. Ich schaue ihm noch ein Weile hinterher und bemerke, dass ich einer der drei Personen aus meinem Abteil bin, der ihm etwas gegeben hat. Ich erinnere mich an eine andere Fahrt mit der indischen Bahngesellschaft. Damals hat sich genau wie der Bettler ein Transsexueller seinen Weg durch die halb vollen Bahnabteile gebahnt. Er hatte genauso bei den Fahrgästen um Geld gebettelt, wenn auch auf seine eigene Art.
Kaum hatte er sich ein Opfer herausgeguckt, fing er an den Mann auf erniedrigende Art zu begrapschen. Er fummelte ihm im Gesicht rum, zog an seinen Ohren und kniff ihm in die Wangen. Es dauerte keine 10 Sekunden, da hatte der Transsexuelle 10 Rupien in der Hand und lief weiter, auf der Suche nach dem nächsten Geldgeber. Jetzt muss man erst einmal verstehen, warum sich die indischen Männer so etwas gefallen lassen.
In der indischen Gesellschaft sind Transsexuelle so ziemlich am untersten Punkt des Kastensystems positioniert. Sie haben also so gut wie nichts zu verlieren und da ihnen ihr Ruf sowieso voraus eilt, können sie sich auch dazu herablassen einem Fremden so zu beschämen. Viele Inder glauben, dass sie einen mit einem Fluch belegen, wenn man sich mit ihnen anlegt und ihnen kein Geld gibt. Da entledigt man sich lieber einfach 10 Rupien.
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Robin stupst mich von der Seite an und macht mich darauf aufmerksam, dass wir soeben im Bahnhof von Bangalore, der den Namen „Majestics“ trägt, eingefahren sind.
Auf dem Bahnsteig tummeln sich schon die nächsten Fahrgäste. Es ist ein durcheinander von zerlumpten Gestalten und schlipstragenden Business Leuten. Zwischendrin stapeln sich große, gut verschnürte Pakete, die von irgendwo aus der Welt kommen und ihre Reise nach Mysore fortsetzen. Kaum das Gepäck geschnappt und schon drängeln wir uns zum Ausgang. Ein entspannter Reisender, der wartet bis alle Hektik verflogen ist und als letzter den Zug verlassen will, wird in Indien wohl oder übel nie einen Zug verlassen können. Kaum dass dieser hält versuchen sich Leute durch die Eingänge in den Zug zu drängeln und schmeißen Gegenstände durch die Fenster in den Innenraum um sich Plätze zu reservieren. Und landet ihr Gegenstand auf einem Platz, kann man sicher sein, dass sie auch auf diesen bestehen. Es wird also gedrängelt und geschupst um nach draußen zu gelangen. Doch schließlich habe ich den Asphalt des Bahnsteiges unter meinen Füßen und wiedermal steigt mir beißender Gestank in die Nase.
Wenn ein Reisender in Indien auf eine Zugtoilette geht, so wird dass, was er dort hinterlässt, nicht wie in deutschen Zügen gesammelt und auf den nächsten Bahnhöfen entsorgt, sondern landet direkt, durch ein Rohr geleitet, auf den Gleisen.
Da auch bei einem wartenden Zug am Bahnhof viele Leute es sich nicht verkneifen können auf die Toilette zu gehen, kann man sich denken, wie die Gleise dementsprechend aussehen. Es ist ein Empfangsgeschenk für jede Ankömmling und während wir uns durch die Menschenmenge drängen erscheint der Teufel auf meiner rechten Schulter, pickt mir mit seinem Dreizack ins Ohr und lacht hinein: „Willkommen in Bangalore! Haha!“
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FSJ in Indien

Moin User, mein Name ist Fynn und ich habe diesen Blog eingerichtet, da ich ab dem 10.August ein freiwilliges soziales Jahr in Indien machen werde und auf diesem Weg meine Eindrücke und Erlebnisse mit Euch teilen möchte.

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